Die Macht der Lüge — ist das Lügen krankhaft?

Wohl jeder Mensch hat schon einmal in seinem Leben gelogen. Ob als „Notlüge“ in verschiedensten Situationen oder als bewusste Lüge, um die Karriereleiter hinauf zu klettern. —  Die unterschiedlichsten Beweggründe bringen uns Menschen letztendlich dazu, die Unwahrheit zu erzählen. Darüber hinaus sind Lügen schon seit jeher ein fester Bestandteil der Gesellschaft. 

 

Besonders Kinder versuchen während sich immer wieder neu auszuprobieren und auch ihre Grenzen auszutesten. Dies kann das Schwindeln bei einem Rätsel oder aber auch bei einem erfundenen Wiedergeben von Film-Inhalten sein. In diesem Zusammenhang ist der Nachwuchs oftmals besonders kreativ. Aus diesem Grund haben viele Kinder schon von klein auf von ihren Eltern das Sprichwort: „Lügen haben kurze Beine“ gehört. Hinter diesem erzieherischen Verhalten steckt der Wunsch nach einem bewussten, sensiblen und allumfassenden Betrachten von Unwahrheiten. Der Nachwuchs soll lernen, dass das Lügen ernstzunehmende Konsequenzen mit sich bringen kann.

 

Somit bekommen wir Menschen also schon im Kindesalter ein solides Grundgespür dafür, welche Tragweite und Folgen Lügen haben können. Nichtsdestotrotz beinhaltet das Leben auch andere und schwierigere Herausforderungen, die Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene immer wieder zum Lügen bringen (Sebastian Leber, 2010). 

 

In wie weit sich eine Lüge aber erstrecken kann, richtet sich in erster Linie an den Glauben und die Moral eines jeden Einzelnen. Auch globale Einflüsse sowie der Gebrauch von Lügen während der Erziehung, Kindheit und den verschiedenen Wachstumsphasen prägen einen Menschen sehr. So ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Kind von einem notorischen Lügner auch Schwierigkeiten besitzt, ein gesundes Verhältnis und Einschätzen von Lügen zu entwickeln. Problematisch wird es, wenn das Schwindeln und Erzählen von Unwahrheiten krankhaft und zur Gewohnheit wird. Oftmals erfinden notorische Lügner sehr kreative und leidenschaftliche Hintergrundgeschichten, Schicksalsschläge oder einen beruflichen Erfolg, um Aufsehen zu erregen. Dies wird nicht selten sogar zu einem zwanghaften Verhalten und muss therapeutisch behandelt werden. Nur so können Langzeitfolgen, eine soziale Isolation oder berufliche Schwierigkeiten für den Betroffenen verhindert werden.

 

Es ist noch nicht lange so, dass die Krankheit als solche anerkannt wird. Solche Menschen, bei denen das Lügen zwanghaft ist, werden „Pseudologen“ unter Fachleuten genannt. Die Psychiatrie Anton Delbrück bezeichnet mit dem Begriff „Lügensucht" den Drang zum krankhaften Lügen und Übertreiben. Häufiger wird heute den Begriff pathologisches Lügen verwendet (Anton Delbrück,1891).

Das soll nicht unbedingt die großen Lügen sein. Der Mensch erzählt einfach von Ländern, Städten, Orten, in denen er nie gewesen sein kann. Oder er berichtet von Einbrüchen und Begegnungen, die nicht stattgefunden haben. Die Gefahr, die von diesen Übertragungen ausgeht, ist die einer traumatischen Zurückweisung durch das idealisierte Objekt, mit der Folge schmerzhafter Beschämung (Heinz Kohut, 1976).

 

 

 

Literaturverzeichnis

 

Delbrück, Anton. (1891). Die pathologische Lüge und die psychisch abnormen Schwindler. 

Eine Untersuchung über den allmählichen Übergang eines normalen psychologischen 

Vorgangs in ein pathologisches Symptom. Stuttgart: Enke.

 

Kohut, Heinz. (1976). Narzißmus. Eine Theorie der psychoanalytischen Behandlung 

narzißtischer Persönlichkeitsstörungen. Frankfurt a. M. 

 

Leber, Sebastian. (2010). Dichtung und Wahrheit Artikel über Pseudologie im Tagesspiegel.

https://www.tagesspiegel.de/themen/gesundheit/pseudologen-dichtung-und-wahrheit/1688348.html

[Zugriff am 11.10.2019].